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Schutzschirmverfahren ARO Heimtextilien: „Ich kann dieses Sanierungsinstrument nur empfehlen!“

Am 28. August 2013 beantragte die ARO Heimtextilien GmbH ihr Schutzschirmverfahren. Rund acht Monate später – im April 2014 – schloss die in sechs Bundesländern tätige Fachmarktkette für Teppichböden, Teppiche, Bodenbeläge und Tapeten ihre Sanierung erfolgreich ab. Hans-Ulrich Thümmel begleitete das Schutzschirmverfahren federführend als kaufmännischer Leiter und Prokurist bei ARO. Im zweiten Teil des Interviews mit dem InsolvenzBlog spricht er über die Reaktionen von Mitarbeitern und Geschäftspartnern, die Bedeutung von Kommunikation im Schutzschirmverfahren und warum er dieses Sanierungsinstrument nur empfehlen kann. Den ersten Teil des Interviews finden Sie hier.

InsolvenzBlog: Das Amtsgericht Nürnberg hat das Schutzschirmverfahren von ARO am 28. August 2013 genehmigt. Wie haben Mitarbeiter und Geschäftspartner reagiert, als sie vom Antrag erfuhren?

Hans-Ulrich Thümmel: „Wir haben die Belegschaft und alle Lieferanten und Vermieter noch am gleichen Tag über unseren Antrag informiert. Wir wollten in jedem Fall offen damit umgehen. Die Reaktionen, die wir erhalten haben, waren durchaus positiv – auch wenn natürlich bei allen Beteiligten eine gewisse Grundnervosität vorhanden war. So etwas wie ein Schutzschirmverfahren erlebt man ja auch nicht jeden Tag. Vor allem vor dem Hintergrund, dass wir das erste Unternehmen im Großraum Nürnberg waren, die dieses neue Sanierungsinstrument genutzt haben. Viele wussten ja gar nicht, dass so etwas möglich ist.“

InsolvenzBlog: Das Informationsbedürfnis ist in einer solchen Sondersituation bei allen Beteiligten hoch. Eine transparente Kommunikation stellt daher einen maßgeblichen Faktor für den Erfolg der Sanierung dar – gerade im Schutzschirmverfahren. Wie sind Ihre Erfahrungen?

Hans-Ulrich Thümmel: „Die Kommunikation ist sicherlich ein wesentlicher Eckpfeiler, um eine solche Ausnahmesituation auch erfolgreich bewältigen zu können. Vor allem, weil das Schutzschirmverfahren noch neu ist. Auch viele Wochen nach dem Antrag mussten wir immer noch Aufklärungsarbeit leisten, wie so etwas abläuft. Selbst Anwälte konnten mit dem Schutzschirmverfahren nichts anfangen.“

InsolvenzBlog: Gerade regional bekannte Unternehmen wie ARO stehen stark im Fokus der Öffentlichkeit und der Medien – besonders dann, wenn sie sich in finanzieller Schieflage befinden. Wie sind Sie damit umgegangen?

Hans-Ulrich Thümmel: „Wir haben von Beginn an bewusst mit einer Presseagentur zusammengearbeitet. Dort liefen alle Informationen zusammen und die Anfragen der Presse wurden dort gebündelt. Später fanden auch vor Ort in Nürnberg mit allen Beteiligten – Unternehmerfamilie, Berater und Sachwalter – regelmäßig Pressekonferenzen statt.“

InsolvenzBlog: Wie war die Berichterstattung über das Schutzschirmverfahren?

Hans-Ulrich Thümmel: „Das war ein spannender Punkt. Anfangs wussten wir ja nicht, wie die Medien auf das Schutzschirmverfahren reagieren. Heute gesehen kann man sagen, die Öffentlichkeitsarbeit war ein voller Erfolg! Unser Sanierungsprozess wurde mit wenigen Ausnahmen sehr sachlich dargestellt und begleitet. Auch der Bayerische Rundfunk berichtete immer wieder über Radio und TV äußerst positiv über den Stand der Sanierung. Unsere Stammkunden haben uns in jedem Fall die Treue gehalten und das zeigt, dass wir vieles richtig gemacht haben. Zudem denke ich, dass wir durch die Berichterstattung über das Schutzschirmverfahren auch einen Teil dazu beigetragen haben, dass sich dieses neue Sanierungsinstrument nach und nach in Deutschland etabliert.“

InsolvenzBlog: Was ist für Sie der größte Vorteil des Schutzschirmverfahrens?

Hans-Ulrich Thümmel: „Der größte Vorteil ist, dass man als Unternehmer die Chance erhält, sein Unternehmen in eigener Regie wieder neu aufzustellen. Begleitet wird man dabei von Beratern und dem Sachwalter. Alle arbeiteten auf das gemeinsame Ziel hin – das Unternehmen und so viele Arbeitsplätze wie möglich zu erhalten. In unserem Verfahren haben uns der Sachwalter und unser Insolvenzberater – der übrigens aus meiner Sicht ein Muss ist – sehr gut durch den Paragraphendschungel des Insolvenzrechts begleitet. Wir waren echte Partner und wenn es Probleme gab, haben wir diese gemeinsam sehr schnell gelöst.“

InsolvenzBlog: Was ist aus Ihrer Sicht am Schutzschirmverfahren noch positiv?

Hans-Ulrich Thümmel: „Ein weiterer Vorteil ist auf jeden Fall, dass man als Unternehmer in vergleichsweise kurzer Zeit viele Punkte, die das Unternehmen seit Jahren belasteten, verändern oder abstellen kann. Das ist ein wesentlicher Schlüssel für eine erfolgreiche Sanierung. Zur Erinnerung: Wir haben im August 2013 den Antrag gestellt, im Oktober 2013 wurde das Verfahren eröffnet und im April 2014 konnten wir die Sanierung erfolgreich beenden.“

InsolvenzBlog: Was hat sich bei ARO durch das Schutzschirmverfahren konkret geändert?

Hans-Ulrich Thümmel: „Wir konnten während des Verfahrens innerhalb eines knappen Jahres den Fixkostenblock erheblich senken. Dies war vor allem dadurch möglich, dass wir unsere Mietverträge neu ordnen und uns von schlechten Verträgen trennen konnten. Dabei half vor allem die dreimonatige Kündigungsfrist, die auch für Arbeitsverträge Anwendung findet. Hinzu kam zudem noch die gesetzliche Deckelung von Abfindungen auf maximal 2,5 Monatslöhne. Durch diese beispielhaften Instrumente konnten wir letztendlich das Unternehmen und rund 300 Arbeitsplätze erhalten und langfristig sichern.“

InsolvenzBlog: …und die Nachteile?

Hans-Ulrich Thümmel: „Wenn es überhaupt Nachteile gibt, sind es die Unsicherheit, ob auch wirklich alles wie geplant funktioniert und die hohe zeitliche Beanspruchung. Aber wenn man es geschafft hat, ist diese Zeit auch wieder schnell vergessen und man ist stolz auf das Ergebnis.“

InsolvenzBlog: Wie bewerten Sie das Schutzschirmverfahren rückblickend?

Hans-Ulrich Thümmel: „Es ist ein hervorragendes Instrument, um Unternehmen relativ schnell zu sanieren, die – aus welchen Gründen auch immer – in Schwierigkeiten geraten sind. Ich hoffe deshalb, dass unser erfolgreiches Pilotprojekt in Mittelfranken vielen Mut macht, diesen Weg zu gehen – auch wenn er sicherlich nicht einfach ist. Ich kann dieses Sanierungsinstrument nur empfehlen!“

InsolvenzBlog: Herr Thümmel, vielen Dank für dieses Gespräch.

Bildnachweis: flown / www.pixelio.de

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