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Letzte Änderungen am StaRUG kurz vor Inkrafttreten am 01.01.2021

Überblick über die wesentlichen Änderungen zum Regierungsentwurf vom 14.10.2020 (StaRUG-RegE)

Am 17.12.2020 hat der Bundestag den Entwurf der Bundesregierung des Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz – SanInsFOG) angenommen. Der vom Bundestag angenommene und zum 01.01.2021 in Kraft getretene Entwurf beruht auf einer Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses vom 15.12.2020, welchem eine öffentliche Anhörung von Sachverständigen und Experten im Rechtsausschuss vom 25.11.2020 vorausgegangen war. Diese wiederum war eine Reaktion auf die durch die Literatur und Experten vielseitig geäußerte Kritik am Regierungsentwurf vom 14.10.2020, welcher, nach erster Lesung im Bundestag, zur weiteren Beratung an den Rechtsausschuss überwiesen wurde.

Die geäußerte Kritik bezog sich vor allem auf das Kernstück des SanInsFOG, dem neu einzuführenden Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (Unternehmensstabilisierungs- und Restrukturierungsgesetz – StaRUG).

Im Folgenden soll knapp dargestellt werden, an welchen Stellen die gemachten Änderungsvorschläge ihren Niederschlag in der endgültigen Fassung des StaRUG gefunden haben.

I. Pflichten und Haftung des Geschäftsleiters
Der Regierungsentwurf sah in § 2 Abs. 1 StaRUG-RegE vor, dass die Geschäftsleiter eines haftungsbeschränkten Rechtsträgers mit Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit die Gläubigerinteressen (vorrangig) zu wahren haben. Die Geschäftsleiter sollten dabei nach § 3 Abs. 1 StaRUG-RegE dem schuldnerischen Unternehmen zum Ersatz des Schadens verpflichtet sein, der diesem durch die Nichtbeachtung der Geschäftsleiterpflichten aus § 2 Abs. 1 StaRUG-RegE entstanden ist. Die Mitglieder der Überwachungsorgane sollten nach § 2 Abs. 2 StaRUG-RegE über die Einhaltung dieser Geschäftsleiterpflichten „wachen“ und nach § 3 Abs. 2 StaRUG-RegE ebenfalls zu Schadensersatz verpflichtet werden können, sollten sie die Überwachung der Geschäftsleiterpflichten schuldhaft verletzt haben. Diese beiden Paragraphen wurden nunmehr gänzlich gestrichen.

Die Streichung ist zu begrüßen. Die Regelung hätte eine Verschiebung des bisher geltenden Pflichtenregimes für Geschäftsleiter bedeutet, welches sich grundsätzlich an dem allgemeinen Unternehmensinteresse auszurichten hat. Dieses umfasst die Berücksichtigung aller Anspruchs- und Interessengruppen (wie z.B. der Eigenkapital- und Fremdkapitalgeber, der Arbeitnehmer, der Kunden und Lieferanten), wobei ein leichter Gewichtungsvorsprung zugunsten der Gesellschafterinteressen besteht.[1] Die mit dem StaRUG-RegE einhergehende Prioritätenverschiebung von den allgemeinen Unternehmens- hin zu den Gläubigerinteressen hätte zur Verunsicherung bei Geschäftsleitern geführt, da die drohende Zahlungsunfähigkeit von Geschäftsleitern nicht zu jedem Zeitpunkt klar festzustellen sein wird und sich für diese in Krisensituationen oder krisenähnlichen Situationen fortwährend die Frage stellt, ob sie ihr Handeln nun am allgemeinem Unternehmensinteresse bzw. Gesellschafterinteresse oder am Gläubigerinteresse auszurichten haben. Die nunmehr bestehende Regelung ist jedenfalls ausreichend, um die Richtlinie (EU) 2019/1023 des Europäischen Parlaments vom 20. 06. 2019 (EU-RRL)[2] umzusetzen, da Art. 19 EU-RRL lediglich vorsieht, dass die Interessen der Gläubiger „gebührend“ und eben nicht vorrangig berücksichtigt werden. Diese sind im Rahmen der bereits bestehenden interessenpluralistischen Ausrichtung der Geschäftsleiterpflichten ausreichend gewahrt.[3]

II. Einbeziehung aller gruppeninternen Drittsicherheiten in § 2 Abs. 4 StaRUG
Sinnvoll ist auch die Einbeziehung der Drittsicherheiten von verbundenen Unternehmen im Sinne von § 15 AktG in § 2 Abs. 4 StaRUG (zuvor § 4 Abs. 4 StaRUG-RegE). Zuvor sah der Regierungsentwurf vor, dass nur Drittsicherheiten von Tochterunternehmen im Sinne von § 290 HGB durch den Restrukturierungsplan gestaltet werden konnten. Ein qualitativer Unterschied zu Drittsicherheiten anderer verbundener Unternehmen erschließt sich jedoch nicht, sodass die Änderung zu begrüßen ist.

III. Zustimmungserfordernis bei Debt-Equity-Swaps
§ 7 Abs. 4 StaRUG (zuvor § 9 Abs. 4 StaRUG-RegE) stellt nunmehr klar, dass es für die Umwandlung von Restrukturierungsforderungen in Anteils- und Mitgliedschaftsrechte am Schuldner (Debt-Equity-Swap) der Zustimmung eines jeden betroffenen Gläubigers bedarf. Zuvor sah § 9 Abs. 4 StaRUG-RegE vor, dass einem widersprechenden Gläubiger lediglich eine Barabfindung zu gewähren war. Dies steht im Widerspruch zu § 15 Abs. 2 StaRUG (zuvor § 17 Abs. 2 StaRUG-RegE), welcher vorsieht, dass dem Restrukturierungsplan im Falle eines Debt-Equity-Swaps die Zustimmung eines jeden betroffenen Gläubigers beizufügen ist. Die Änderung hat insoweit diesen Widerspruch aufgelöst und klargestellt, dass eine Zustimmungslösung nach dem Vorbild von § 230 Abs. 2 InsO und nicht etwa eine irgendwie geartete Widerspruchslösung für das StaRUG gelten soll.

IV. Vertragsbeendigung
Die vieldiskutierte und vor allem vielkritisierte Möglichkeit der Vertragsbeendigung von gegenseitigen nicht vollständig erfüllten Verträgen nach §§ 51 ff. StaRUG-RegE wurde gestrichen. Die §§ 51 bis 55 StaRUG-RegE entfallen daher gänzlich.

Die Möglichkeit der Vertragsbeendigung nach den §§ 51 ff. StaRUG-RegE war in der Fachwelt sehr umstritten. Der überwiegende Teil der Literatur hat sich gegen die Möglichkeit der Vertragsbeendigung ausgesprochen und dabei vor allem den schwerwiegenden Eingriff in die Privatautonomie und in den Grundsatz „pacta sunt servanda“ sowie das notwendige Abstandsgebot zum Insolvenzverfahren ins Feld geführt.[1] Auch der Bundesrat hat sich in seiner Empfehlung vom 16.11.2020 für die Streichung der §§ 51 bis 55 StaRUG-RegE ausgesprochen.[2] Insoweit erscheint die Streichung angebracht.

V. Gläubigerbeirat
Gänzlich neu wurde der § 93 StaRUG eingefügt. Dieser sieht vor, dass ein Gläubigerbeirat nach dem Vorbild eines Gläubigerausschusses nach § 21 Abs. 2 InsO durch das Restrukturierungsgericht eingesetzt werden kann. Voraussetzung ist, dass die Forderungen aller Gläubiger (mit Ausnahme der in § 4 StaRUG genannten Forderungen) durch den Restrukturierungsplan gestaltet werden und die Restrukturierungssache gesamtverfahrensartige Züge aufweist.

Mit Hinblick darauf, dass sich die Ausgestaltung des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens einem Eigenverwaltungsverfahren, insbesondere bei Implementierung einer Vollstreckungs- und Verwertungssperre, in wesentlichen Zügen annähern kann, erscheint auch dieser Schritt begrüßenswert. Damit wird gewährleistet, dass bei Verfahren, die gesamtverfahrensartige Züge aufweisen, eine Gesamtrepräsentanz und vor allem eine weitere Kontrollmöglichkeit der betroffenen „Stakeholder“ besteht.


[1]Vgl. z.B. Fleischer, in: MünchKommGmbHG, 9.Aufl. 2019, § 43 Rn.13 ff.(für die GmbH); Weber, in Hölters, AktG, 3.Aufl. 2017, § 76 Rn. 22 (für die AG).

[2] Richtlinie (EU) 2019/1023 des Europäischen Parlaments vom 20. 06. 2019 über präventive Restrukturierungsrahmen, über Entschuldung und über Tätigkeitsverbote sowie über Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 (Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz).

[3] Vgl. Seibt, BB 2020, 2226 (2230).

[4] Vgl. z.B. Hofmann, NZI 2020, 871 (874); Cranshaw/Poritsch, ZInsO 2020, 2617 (2625); Thole, ZIP 2020, 1985 (1995 f.) „rechtspolitisch fragwürdig“.

[5] BR-Drucks. 619/1/20 S. 12 ff.

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Bild: Herbinisaac / pixabay

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